Beschreibung
Während einer Gedenkfeier für ihren verschwundenen Bruder wird Anna schwarz vor Augen, und sie erwacht am Rande einer verlassenen Wüstenstadt. Als alle Versuche scheitern, Kontakt zu ihren Eltern aufzunehmen, sucht sie in der Stadt nach Antworten und stößt auf weitere Ankömmlinge, unter ihnen der junge Nick. Bald entbrennt ein Kampf ums Überleben, sowohl mit ihrer unwirtlichen Umgebung als auch unter den Gestrandeten selbst. Während die Spannungen eskalieren und es sogar zu Toten kommt, findet Anna plötzlich Hinweise auf ihren Bruder - ist es möglich, dass er noch lebt? Als sie der Spur folgen, stoßen Nick und sie auf ein furchtbares Geheimnis, das dieser Ort und seine Bewohner hüten: das dunkle Herz. Und plötzlich geht es um weit mehr als nur um ihr eigenes Schicksal.
Autorenportrait
Lukas Hainer ist einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Songtexter. In Zusammenarbeit mit der Band 'Santiano' startete er 2017 seine Kinderbuchreihe 'König der Piraten', zu der ein Hör-Musical mit der Band und mehrere Hörbücher erschienen sind. 'Das dunkle Herz' ist der erste Jugendroman des Autors, der nach Lebensabschnitten in Brasilien und Norddeutschland derzeit wieder in seinem Geburtsort München lebt. Gemeinsam mit seiner Familie genießt er dort von ganzem Herzen die Freiheit, jeden Tag an seinen Geschichten und Songs arbeiten zu dürfen.
Leseprobe
Prolog Der alte Mann schritt durch die staubigen Straßen der Stadt. Es lag ein Wispern in der Luft, ein Flüstern von Ereignissen, die sich bereits anbahnten. Diese Zeit, bevor es begann, machte den Alten immer nervös. Ihm blieb nichts mehr zu tun, nichts mehr vorzubereiten. Er konnte jetzt nur abwarten, bis sich dieser verlassene Ort zumindest vorübergehend erneut mit Leben füllen würde.Er nahm ein paar Stufen und fand sich in einem Gewirr aus schmalen Gassen und schiefen Wänden wieder. Lehmziegel in allen erdenklichen Braun- und Rottönen bildeten einen steinernen Irrgarten. Manche Korridore endeten in eingestürzten Ruinen, manche wurden einfach zu eng, als dass man sie hätte passieren können. Der Alte hatte keine Mühe, sich zu orientieren. Er kannte diesen Ort bis in den letzten Winkel, spürte ihn um sich wie die zerknitterte Haut seiner Hände.So viele hatte er schon kommen und gehen sehen, in diesem Reich, das auf eine erschreckende Art und Weise auch sein Reich war. Er teilte es mit dem Bösen, das unter der Stadt lauerte und das schon so lange hier war, wie er zurückdenken konnte. Auch jetzt nahm er es wahr. Sein dumpfes, drängendes Pochen: nicht ganz wach, aber auch nicht ganz schlafend. Manchmal war der Alte sich sicher, dass die Ankömmlinge es ebenfalls bemerkten. Er hatte beobachtet, wie sie sich an die Brust griffen, als könnte das die Kälte vertreiben, die sich an diesem Ort um ihr Herz legte.Als er an einem großen Gebäude vorbeiging, hob er kurz den Blick. Hoch oben waren eine Menge Schriftzeichen in den Stein gehauen, die er nicht lesen konnte. Ein windschiefer Turm, verziert mit seltsam geformten Glassteinen, klammerte sich an eine der Mauern und wäre ohne die starke Schulter an seiner Seite vermutlich einfach umgefallen. Die Menschen hatten ihn für ihre Götter errichtet, so viel hatte er verstanden. Mit viel Hingabe hatten sie daran gearbeitet, als würde das Bauwerk über ihr Schicksal entscheiden.Es stand ihm nicht zu, ein Urteil darüber zu fällen, und er erlaubte sich keines. Sie alle, die daran gearbeitet hatten, waren ihm vorausgegangen, während er hier zurückblieb und seine Pflicht erfüllte.Die Schritte lenkten ihn weiter, dorthin, wo Mauern und Häuser zu Stückwerk wurden. Wo der Stadtrand ausfranste, öffnete sich eine wüste Ebene vor ihm. Sein grauer, schäbiger Umhang malte geschwungene Linien in den Sand, und schließlich kam der alte Mann an einer scheinbar wahllosen Stelle zum Stehen. Er mühte sich in die Hocke, wobei seine Knie ein trockenes Knacken von sich gaben. Bis auf das stete Rumoren der fernen Mahlwerke herrschte Totenstille.Der Alte strich mit der Handfläche über den Boden, und der körnige Sand gab eine Oberfläche aus dunklem Metall frei. Nach und nach erschien eine Platte mit einem Durchmesser von etwa zwei Metern. Sie trug fremdartige Zeichen, fremdartig zumindest für jeden anderen, der sie erblickt hätte. Mit den Fingerkuppen tastete der Alte sie ab und eine tiefe Sehnsucht ergriff Besitz von ihm. Er stellte sich vor, das Tor würde sich öffnen und ihn durchlassen. Er stellte sich vor, er könnte die Stufen hinabschreiten und die Welt dort unten noch einmal betreten.Es war der Zugang zur eigentlichen Stadt. Einem Ort, der einmal sein Zuhause und das vieler anderer gewesen war. Die steinernen Trümmer und Ruinen hier oben waren nur etwas, das die Ankömmlinge wieder und wieder besiedelten und verließen, ohne den Sinn darin zu verstehen.Der alte Mann strich über das verschlossene Tor und sprach die Worte, deren Bedeutung irgendwann mit ihm verloren gehen würde: Die Stadt ist versiegelt. Der Weg hinein ist versperrt. Der Weg hinaus führt durch das dunkle Herz. Trauerglocken 'Zum heutigen Gottesdienst erinnern wir uns auch an einen Jungen, der vor zehn Jahren von uns gegangen ist.' Der Pfarrer hatte nach seiner Predigt vor dem Altar Stellung bezogen.Anna fand nicht, dass es etwas Besonderes war, wenn sie heute an den Jungen dachten, der ihr Bruder gewesen war. Sie konnte sic
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Was wirst du tun, um zu überleben?