Beschreibung
Dieses Buch, das nun, um einige Stücke erweitert, als 4. Band der Gesamtausgabe erscheint, ist zuerst 1935 in Zürich veröffentlicht worden. Ernst Bloch hat diesen Band, der als Soziologie des versagenden Bürgertums und des heraufkommenden Faschismus betrachtet werden kann, in der Emigration zusammengestellt. Sein Thema sind die Jahre zwischen 1924 und 1933. Parabelhaftes, an die schönsten Seiten der 'Spuren' Erinnerndes, steht neben Essayistischem und Kritischem. Die Welt des Films und des Theaters ist so wenig ausgespart wie die Welt der Musik, der Philosophie und der Geschichtsdeutung. Über allem aber liegt der Albdruck der Politik, der Albdruck Hitlers. Es ist ein Buch über das untergehende Alte aus der Perspektive eines, dem das werdende Neue deutlich vor Augen steht. Es ist ein Kampfbuch, von dem Bloch gesagt hat: 'Das Buch ist ein Handgemenge, und zwar mitten unter Anfälligen, ja, mitten im Feind, um ihn gegebenenfalls auszurauben.' Es dient der Kritik, aber es ist nicht geschrieben, um den Verfall zu schildern, sondern um durch das Wegräumen störenden Schuttes Platz für einen großzügigen und humanen Neubau zu schaffen. Was da über Einzelnes, über Aufscheinendes als eine Phänomenologie des Alltags- und des Sonntagslebens gesagt ist, sind lauter kleine Kabinettstücke eines sehenden und urteilenden Zeitgenossen, dessen Teilhabe an allem, was dieses Jahrzehnt irgend hervorgebracht hat, immer wieder Erstaunen wecken muß.
Autorenportrait
Ernst Simon Bloch wurde am 8. Juli 1885 in Ludwigshafen am Rhein geboren und starb am 4. August 1977 in Tübingen. Er entstammte einer jüdischen Familie aus der Pfalz. Von 1905 bis 1908 studierte er Philosophie bei Theodor Lipps in München und Oswald Külpe in Würzburg und wurde im Jahr 1908 promoviert. 1913 heiratete er die aus Riga stammende Bildhauerin Else von Stritzky. Als engagierter Gegner des Krieges ging er von 1917 bis 1919 mit seiner Frau in die Schweiz und war in Bern für das Archiv für Sozialwissenschaften tätig. 1917 beendete er in Locarno sein Werk Geist der Utopie. Ein Jahr nach dem Tod seiner Frau heiratete er 1922 die Malerin Linda Oppenheimer. Die Ehe hielt bis 1928. In der Zwischenzeit kehrte Bloch zurück nach Berlin. Zu seinen damaligen Freunden gehörten Bertolt Brecht, Kurt Weill, Theodor W. Adorno und Walter Benjamin. Politisch war Bloch sehr aktiv und bekämpfte schon früh die aufstrebende NSDAP. Nach Hitlers Machtübernahme wurde er ausgebürgert und emigrierte mit seiner ebenfalls jüdischen Lebensgefährtin Karola Piotrowska in die Schweiz. Nachdem sie von der Züricher Fremdenpolizei des Landes verwiesen wurden, heirateten beide 1934 in Wien. Von 1934 bis 1937 lebten sie in Paris, Sanary und Prag und emigrierten anschließend in die USA, wo sie zehn Jahre blieben. Dort schrieb Bloch an seinen Werken Das Prinzip Hoffnung, Subjekt - Objekt. Erläuterungen zu Hegel und Naturrecht und menschliche Würde. Nach dem Krieg, 1948, erhielt er einen Ruf nach Leipzig auf den Lehrstuhl für Philosophie. Trotz langjähriger Konflikte mit der SED blieb er bis 1961 dort. Kurz vor dem Bau der Mauer befand sich Bloch für einen Vortrag in Tübingen. Angesichts der neuen politischen Situation beschlossen er und seine Frau, in Westdeutschland zu bleiben. Unter anderem aufgrund des großen Einsatzes von Freunden konnte Bloch eine Gastprofessur in Tübingen antreten, wo er bis zu seinem Tod 1977 blieb.