Beschreibung
Weihnachten an der Westfront 1914: Inmitten eines erbarmungslosen Stellungskrieges schließen deutsche, französische und britische Soldaten spontan Waffenstillstand auf Ehrenwort. Im Niemandsland feiern sie zusammen Weihnachten. Nach zwei Tagen ist es, auf Befehl von oben, wieder vorbei mit dem Frieden. Diese bewegende, wahre Geschichte vom Aufstand der einfachen Soldaten hat Bestsellerautor Michael Jürgs beeindruckend dokumentiert.
Leseprobe
Armer kleiner Gott der Liebe, in dieser Nacht geboren, wie kannst du nur die Menschen lieben? Aus dem Kriegstagebuch des franz?sischen Leutnants Maurice Laurentin Anfangs ist es nur einer, der ?Stille Nacht, Heilige Nacht? vor sich hin singt. Leise klingt die Weise von Christi Geburt, verloren schwebt sie in der toten Landschaft Flanderns. Doch dann brandet Gesang wie eine Welle ?bers Feld, ?um Schulterwehr und Schulterwehr und von der ganzen langen dunklen Linie der Sch?tzengr?n klang es empor: ?Schlafe in himmlischer Ruh'??. Diesseits des Feldes, hundert Meter entfernt, in den Stellungen der Briten, bleibt es ruhig. Die deutschen Soldaten aber sind in Stimmung, Lied um Lied ert?nt ein Konzert aus ?Tausenden von M?erkehlen rechts und links?, bis denen nach ?Es ist ein Ros entsprungen? die Luft ausgeht. Als der letzte Ton verklungen ist, warten die dr?ben noch eine Minute, dann beginnen sie zu klatschen und ?Good, old Fritz? zu rufen, und: ?Encore, encore?, ?More, more?. Zugabe, Zugabe. Die derart hoch gelobten Fritzens antworten mit ?Merry Christmas, Englishmen? und ?We not shoot, you not shoot?, und was sie da rufen, das meinen sie ernst. Sie stellen auf den Spitzen ihrer Brustwehren, die fast einen Meter ?ber den Rand der Gr?n ragen, Kerzen auf und z?nden sie an. Bald flackern die, aufgereihten Perlen gleich, durch die Finsternis. Wie das Rampenlicht eines Theaters habe es ausgesehen, wird ein englischer Soldat seinen Eltern schreiben, like the footlights of a theatre. Die B?hne f?r die Inszenierung ist damit ausgeleuchtet, die Generalprobe f?r ein St?ck gelungen, das an den n?sten Tagen an der Westfront gegeben wird. Hier und dort und ?berall von der Nordsee bis zur Schweizer Grenze. Der Intendant oben in seiner himmlischen Loge hatte f?r Flandern beste ?ere Bedingungen geschaffen. Nach Einbruch der Dunkelheit an diesem 24. Dezember 1914 - und dunkel ist es bereits gegen sechzehn Uhr - verzog sich der Wind. Klarer Sternenhimmel ?gr??e uns von der Wohnung des Allm?tigen herab?, und der Vollmond ?verlieh der weiten, sch?nen flandrischen Rembrandtlandschaft durch sein mildes Licht das Gepr? wohltuenden Friedens?. Beides hilft jetzt, der Mond und die Kerzen. Jede verd?tige Bewegung im Niemandsland w? sichtbar. Ehre sei Gott in der H?he, Friede den Menschen auf Erden, verk?ndet das Evangelium f?r diesen Tag. Aber in offenbar gewordener Abwesenheit eines H?heren auf Erden beschlie?n Deutsche und Briten spontan, Franzosen und Belgier z?gernd, an Weihnachten, ohne auf Gottes Segen zu warten, nicht aufeinander zu schie?n. Einen solchen Frieden von unten gab es noch nie in der Geschichte eines Krieges. Es hat niemals wieder einen gegeben. Diese - aus heutiger Perspektive betrachtet - gro? Weihnachtsgeschichte besteht aus vielen kleinen Geschichten. Man muss sie alle erz?en. Nur dann wirkt das Wunder. Zun?st verwirren die Lichter den Gegner. Sie trauen dem Frieden nicht. Mal wieder so ein gemeiner Trick der Hunnen? Wieder so eine hinterlistige T?chung? Frisch ist die Erinnerung an jenen Tag vor ein paar Wochen, als sich ein Trupp Deutscher in Sichtweite der Engl?er auf den Boden warf und die Waffen von sich streckte. Daraufhin senkten die Briten ihrerseits die Waffen und gingen auf die M?er zu. Pl?tzlich tauchten hinter den scheinbar Kriegsm?den aus dem Unterstand Soldaten auf, Pickelhauben festgezurrt, Gewehr angelegt, Mord im Blick. Preu?n. Sie wurden ihrem Ruf gerecht, gnadenlos zu sein. Dutzende von Tommys lagen innerhalb weniger Augenblicke tot vor den Stacheldrahtverhauen. Ein Kriegszeichner namens Matania stellte nach Angaben des Augenzeugen Sergeant Megarry die Situation nach. Die Londoner Zeitschrift ?The Sphere? druckte sie doppelseitig. Niemals w?rden Engl?er so unfair handeln, egal aus welcher Schicht sie stammten, lautete die dazu als Bildunterschrift ver?ffentlichte Meinung, die sich mit der ?ffentlichen deckte. Auf Menschen ganz offensichtlich guten Willens zu schie?n, weil die eine andere Uniform tr?gen, w Leseprobe