Beschreibung
In seinem tropischen Exil stellt Beeskow sich unbehagliche Fragen: War wirklich alles schlecht? Kann aus Recht plötzlich Unrecht werden? War mein Leben sinnlos? Er blickt zurück auf seine Jahre in einem untergehenden Land, auf Freundschaften unter Geschäftsbedingungen, auf Illusionen von menschlichem Management und von einem Land voller Liebe. Als er schließlich von einem Straßenjungen bestohlen wird, glaubt er, in ihm seinen Erlöser gefunden zu haben: Er klammert sich an das Kind, als könne es ihm die Unschuld zurückgeben.
Autorenportrait
Jörg-Uwe Albig, geboren 1960 in Bremen, studierte Kunst und Musik in Kassel, war Redakteur beim Stern und lebte zwei Jahre als Korrespondent einer deutschen Kunstzeitschrift in Paris. Seit 1993 arbeitet er als freier Autor in Berlin. 1999 wurde sein Romandebüt 'Velo' veröffentlicht. Es folgten die Romane 'Land voller Liebe', 'Berlin Palace', 'Ueberdog', 'Zornfried' und zuletzt das Sachbuch 'Moralophobia'.
Leseprobe
Ute lachte noch lauter. Ihr Lachen war schön, kaum behaucht, ein Abgang von frischen, winzigen Waldfrüchten; viel schöner als ihre Sprache. Sie tat, als sehe sie aus dem Fenster, und ich sah ihren hohen, weißen Nacken, den BH-Träger, der den Träger des purpurnen Oberteils kreuzte. Gegen halb zehn kam Lachmann nach Hause; er war nicht überrascht, mich in seinem Antikledersessel zu finden, seine Hausschuhe am Fuß. Die Köchin, Mickymaus-Handschuhe an den Händen, zog Fische aus dem Ofen, Fossilien mit rissiger Haut. Am Gartentisch faltete Lachmann die Hände vor dem Bauch, sammelte Kraft unter Jacarandas. Unsichtbare Insekten schwärmten über dem Tiramisú. 'Deutschland ist zu nervös', sagte Lachmann und schneuzte sich lange. 'Ich weiß schon, warum ich hier bin.' Er behielt die Ruhe, als der Fisch ihm vom Tortenheber bröckelte, bevor er ihn auf den Teller hieven konnte. 'Friedliche Revolution', ächzte er, 'alter Hut. Ich kenn diese friedlichen Revolutionen. Die sexuelle Revolution, die digitale Revolution, die Diät-Revolution. Hinterher ist alles wie gehabt.' Er nahm eine Postkarte vom Tisch, Tadsch Mahal oder Hagia Sophia oder irgendein anderer Kuppelbau, drückte sie auf den Bierschaum und stürzte das Glas um. Dann sah er mich triumphierend an in seiner nassen Hose; Bier troff von den stämmigen Schenkeln. 'Da haben Sie's', sagte er. 'Das Unterste kommt nach oben, wenn man was umdreht? Unsinn. Es läuft einfach nur aus. Schließlich ist nichts mehr übrig, nur Schaum.'
Schlagzeile
Jörg-Uwe Albig hat in funkelnden Bildern den Entwicklungsroman des deutschen homo oeconomicus geschrieben, getragen von einem einzigartigen Sprachstrom.