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Spurlos in Neapel

Roman, Edition Blau

Erschienen am 12.10.2022, 1. Auflage 2022
Auch erhältlich als:
29,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783858699589
Sprache: Deutsch
Umfang: 256 S.
Format (T/L/B): 2.3 x 20.9 x 13 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Was wäre in Neapel aus ihm geworden, in der Stadt seiner Eltern? Als Kind plagte ihn die Angst, die Schweiz und alle seine Freunde verlassen zu müssen. Darum war es für ihn wie eine Befreiung, als 1980 in Süditalien die Erde bebte und innerhalb von neunzig Sekunden die Rückkehrpläne der Eltern in Schutt und Asche lagen. Nach dem Tod des Vaters, viele Jahre später, begibt sich der Erzähler auf Spurensuche nach Neapel, eine Stadt, deren Sprache er spricht, deren Gesetze ihm aber fremd sind. Unter den vielen Geschichten, die er hier hört, lässt ihn eine nicht mehr los, die Geschichte von Antonio Esposito: ein gestohlenes Migrantenkind aus Westafrika, das in eine Camorrafamilie aufgenommen wurde, eine kriminelle Karriere machte und dann spurlos verschwand. Was ist aus diesem Antonio geworden? Ist er tot? Hat er eine neue Identität angenommen? Oder ist er untergetaucht im hoffnungslos überfüllten Castel Volturno, als Namenloser unter Tausenden von afrikanischen Migranten?

Autorenportrait

Franco Supino, 1965 geboren in Solothurn, wuchs als Kind italienischer Eltern zweisprachig auf. Er studierte in Zürich und Florenz Germanistik und Romanistik. Supino ist Dozent an der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz und freier Autor. Sein erster Roman Musica Leggera erschien 1995. Es folgten fünf weitere Romane, in denen Supino die eigene Migrationsgeschichte und verschiedene Künstlerbiografien erzählerisch erforscht. In den letzten zehn Jahren hat er sich vermehrt der Kinder- und Jugendliteratur zugewandt. Supino lebt mit seiner Familie in Solothurn.

Leseprobe

Mein Trumpf war, sagte ich mir, wenn ich Neapolitaner im Alter meines Vaters ansprach, dass ich die Sprache reden konnte, die ich zu Hause gelernt hatte - ein Neapolitanisch der Nachkriegszeit, das, außer den Alten, keiner mehr benutzt. Die Männer schauten mich in die Sonne blinzelnd an. »Esposito?«, sagte endlich einer. »Wir sind alle Espositos. Im ganzen Rione gibt es nur Espositos!« Sie lachten. Drei Alte saßen auf einer Parkbank, der vierte stand in Hörweite, auf einen Stock gestützt. Der Alte links auf der Bank hielt ein Museumsstück von Transistorradio auf seinem Schoß. Er hatte die Antenne ausgezogen und drehte am Empfänger. Aus den Lautsprechern knisterte und quietschte es unangenehm. »Gibt es denn heute keine Spiele?«, fragte er unzufrieden. »Antonio Esposito, genannt oNirone«, insistierte ich, zu den beiden anderen gewandt. »Er ist doch hier aufgewachsen?« »ONirone!« »ONirone.« »ONirone?« »ONirone « Der Reihe nach wiederholten alle vier den Namen mit ihren unterschiedlich tiefen Stimmen, als ließe er sich dadurch vergegenwärtigen. Erst tags darauf bei Antonella verstand ich wirklich, was man hier mit diesem Namen verbindet. So etwas Ähnliches wie ganz Neapel mit dem Namen Maradona. Einer, der kommt und ein Wunder schafft. »Eccome ce lo ricordiamo. Und wie wir uns an ihn erinnern.« »Era la speranza! Er war die große Hoffnung!« »Und was ist aus Antonio geworden?«, fragte ich. Schweigen. »Wenn wir das wüssten!«

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