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Ein langer Weg nach Hause

Erschienen am 15.01.2018
Auch erhältlich als:
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783868277104
Sprache: Deutsch
Umfang: 304 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 20.5 x 13.5 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Cooper, der 18-jährige Sohn eines Wanderpredigers, träumt von einer Musikerkarriere im fernen Nashville. Im Gepäck hat er eine Gitarre und die Überzeugung, dass er es schon schaffen wird. Als er das Stimmwunder Daley trifft, liegt ihm die Welt zu Füßen. Doch er wird Opfer einer Intrige. 20 Jahre später lebt Cooper zurückgezogen in den Bergen Colorados. Keiner ahnt, dass sich hinter den Narben dieses Mannes eine faszinierende Geschichte verbirgt. Doch dann taucht Daley auf ...

Autorenportrait

Charles Martin studierte Englisch und Journalistik und hat einen Doktortitel in Kommunikationswissenschaften. 1999 gab er seinen Beruf auf, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Der von der Presse gefeierte, preisgekrönte Autor lebt mit seiner Frau Christy und drei Söhnen in Jacksonville, Florida.

Leseprobe

Kapitel 1 Ich hatte ihn schon öfter gesehen. Er war mindestens fünfundsiebzig. Vielleicht achtzig. Knorrige Finger mit geschwollenen Gelenken. Eine Stimme wie ein Reibeisen. Weiße Haare mit gelblichen Spitzen. Die schwarze Haut voller Falten. Verlebtes Äußeres. Er trug eine abgewetzte, blau-grau gestreifte Wollhose, die einst Teil eines Anzugs gewesen sein musste, und ein fleckiges, bis oben zugeknöpftes weißes Hemd. Seinen Aufzug vervollständigten zweifarbige Budapester. Das Weiß war längst rissig und matt, aber das, was vom schwarzen Leder noch übrig war, hatte er auf Hochglanz poliert. Seine Gitarre war genauso ramponiert wie er. Es war eine alte Gibson J-45. Sowohl über als auch unter dem Schallloch hatte das Schlagen Löcher hinterlassen und die Beleistung lugte hervor. Panzertape hinten und an den Seiten schien den Steg zusammenzuhalten. Die Wirbel hatten unterschiedliche Farben und sogar von Ferne sahen die Saiten rostig aus. Aber wenn der alte Mann loslegte, kam Leben in ihn und die Gitarre. Den Rhythmus der Schlaghand klopfte er mit dem Fuß mit und fügte so einen Beat hinzu. Es schien, als hätte er früher auch Schlagzeug gespielt. Das Lächeln auf seinem Gesicht zeugte von Erinnerungen an das, was er einst gewesen war. Oder was er glaubte, noch zu sein. Ich bin kein wählerischer Typ, außer bei Gitarren. Die sechs Saiten sind meine Leidenschaft. Ein polyfones Klangerlebnis, bei dem jede Saite ihre eigene Stimme hat. Ich bin immer wieder fasziniert davon, dass man unterschiedlich geformte Holzteile zu einer Sanduhrform zusammenleimen kann, Leisten, Steg und phosphorbronzene Saiten hinzufügt und nur ein wenig Druck an der richtigen Stelle ausüben muss, um eine Stimme zu erwecken. Das Ganze ist nicht nur exponentiell größer als die Summe seiner Teile, sondern trägt auch noch die unverkennbare Handschrift dessen, der das Instrument spielt. Tief, kehlig, knallig, mit rotzigem Bass, gedämpfter mittlerer Lage und brillanten Höhen. Ich könnte jede Spielart begründen. Die Gitarre des Alten hatte ihre Stimme verloren. Sie war fertig. Genau wie er. Vermutlich hatte er mehr Songs vergessen, als die meisten Menschen je lernen würden. Aber seine Finger nicht. Die normalen Passanten sahen in ihm wahrscheinlich einen herumgammelnden Säufer, doch ich spürte die Reste eines musikalischen Genies. Irgendwann in der Vergangenheit hatte dieser Kerl einen richtigen Namen gehabt. In den vergangenen Wochen hatte er sich immer samstags ein Plätzchen auf einer Bank an der Hauptstraße von Leadville gesucht und gespielt, bis der Boden des Gitarrenkoffers mit Dollarnoten bedeckt war. Dann hatte er ihn zugeklappt und war bis Donnerstag in irgendeiner Flasche verschwunden. Am Freitag kam er wieder hervorgekrochen und war durstig. Ausgedörrt. Genau wie jetzt. Ich fuhr rechts ran und suchte mir einen Parkplatz. Auf dem Bürgersteig war einiges los. Heute würde er einen guten Schnitt machen. Ich parkte ein, steckte mir das Notizbuch hinten in den Gürtel, nahm einen Schluck von meinem Säureblocker, warf zusätzlich noch zwei Kautabletten ein und schnappte mir meine Gitarre. Ich hörte ihn schon von Weitem. Er saß auf der Bank gegenüber einer beliebten Bikerkneipe. Leadville ist ein Treffpunkt für alle Wochenend-Partyhelden. Angegraute Männer sitzen auf teuren, verchromten Maschinen mit wenig Kilometern auf dem Tacho und ohne Schalldämpfer und stellen ihre aufgebrezelten, silikonbestückten, gestrafften Püppchen zur Schau. Leadville ist eine alte Bergarbeiterstadt und mit über dreitausend Metern überm Meeresspiegel eine der am höchsten gelegenen Städte der Vereinigten Staaten. Einst war sie ein ergiebiger Silberlieferant; heute ist der Ort nur noch ein Schatten seines früheren Selbst. Die Einwohnerzahl richtet sich ganz nach der Jahreszeit. Im Sommer ist die Stadt ein beliebtes Ziel für Leute auf zwei Rädern, sowohl motorisiert als auch nicht. Hier findet der Leadville 100 statt, ein strapaziöses Ganztagsrennen für Mountainbikes. Hier gibt es High Mo

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