Beschreibung
Der letzte linke Student ist ein naiver Linker, der sich für einen Analytiker hält, jedoch durch seinen unbändigen Aktivismus und seine immense Eitelkeit immer zu falschen Schlüssen und zur Selbstglorifizierung verleitet wird. In seinem Denken und Handeln werden Kurzschlüsse und Fehlleistungen der Linken mit viel Ironie vor Augen geführt und reflektiert. Die Texte vermitteln keine "Botschaft", sondern fordern von den LeserInnen eine eigene Analyse und ein eigenes Urteil. Insofern bietet das Buch Aufklärung im besten Sinne, weil es Denkfehler aufspürt und zum Entschlüsseln dieser anregt (und dabei noch unterhält). Die Kolumne "Der letzte linke Student" erscheint monatlich in Jungle World. Lernt vom Sommer! Der letzte linke Student ist einsam. Denn er ist ja der letzte linke Student. Das heißt: er ist eigentlich gar nicht der letzte linke Student, heißt: nicht wirklich der allerletzte. Aber: da, wo er ist, sind keine anderen wirklich linken Studenten. Daher: fühlt sich der letzte linke Student so, als sei er der letzte linke Student. Wie all die anderen letzten linken Studenten auch. Nun sitzt der letzte linke Student auf der Bank in dem Park vor dem Studentenwohnheim. Er sitzt da und lässt sich von der Sonne bescheinen. Das ist schön warm. Und: weich. Und: easy. Und: der Sommer macht gut gelaunt. Der letzte linke Student schaut sich um. Er setzt seine Sonnennickelbrille auf. Das macht er, weil er damit besser sehen kann. Und: besser aussieht. Und: die anderen nicht merken, dass er sie heimlich beobachtet. Nun beobachtet der letzte linke Student die anderen Studenten. Flugs: freut sich der letzte linke Student. Denn: nicht nur er ist gut gelaunt. Alle sind gut gelaunt. Das macht der Sommer. Das hat der letzte linke Student herausgefunden. Aber bald: kommt der letzte linke Student auch ins Grübeln. Wenn sich: alle freuen, dann muss es ihnen gut gehen. Aber: es geht ihnen gar nicht gut. Denn: die Revolution hat noch nicht stattgefunden. Doch: ohne die Revolution gibt es keine echte Freude. Daher verfällt der letzte linke Student ins Grübeln. Auch am Abend grübelt er noch. Einerseits: die freuen sich vielleicht nur, weil sie vom System korrumpiert sind. Andererseits: er hat sich doch auch gefreut. Ist er auch korrumpiert? Doch: das geht gar nicht, dass er korrumpiert ist. Denn: er hat das richtige Bewusstsein. Also: ist doch was dran am Sommer. Und folglich: ist es nicht falsch, sich im Sommer gut zu fühlen. Wenn aber etwas gut ist, dann kann man davon lernen. Sagt Lenin. Sagt Mao. Und: sagt auch Bakunin. Daher will der letzte linke Student vom Sommer lernen. Also setzt sich der letzte linke Student an seinen Schreibtisch. "Der Sommer ist easy", schreibt er in sein besonderes Notizbuch. "Und der Sommer ist warm. Und dafür lieben ihn die Menschen. Daher muss auch die Revolution warm und easy sein. Dann werden die Leute sie lieben und sich nicht länger mehr korrumpieren lassen." Das schreibt der letzte linke Student. Und denkt: das ist gut gesagt. Und: das ist schon irgendwie ein Haiku. Daher: verfliegt sein schlechtes Gewissen. Deshalb: darf der letzte linke Student wieder in den Park. Und auch wir dürfen uns beruhigt bräunen lassen, alles geht seinen Gang. Macht Unterschiede! Der letzte linke Stundet ist irritiert. Denn: er hat Zeitung gelesen. Natürlich: hat er eine linke Zeitung gelesen. Und darum ist er irritiert. Denn: die Welt ist schlecht. Das hat der letzte linke Student selbstredend schon vorher gewusst. Denn: die Welt ist ja nicht links. Aber: die Welt ist auch paradox. Und das: ist neu. Um's mal kurz zu referieren: überall sind böse Menschen. Soweit ist es wie gehabt. In Zimbabwe regiert ein schlimmer Diktator. Und auch in Serbien regiert ein schlimmer Diktator. Doch - und jetzt kommt's -: diese Diktatoren sind links. Denn: sie sind Sozialisten. Und genau das steht auch in der linken Presse. Allerdings sind sie eben zeitgleich auch Diktatoren und böse. Und das geht doch gar nicht. Das weiß der letzte linke St