Beschreibung
Kaum ein Kommentar oder Interview, in dem Heiner Müller keine Brechtbezüge hergestellt hat: Seine Ambition, als genuiner Brechtnachfolger in die Theatergeschichte einzugehen, ist offensichtlich. Aber lässt sich Müllers Theater- und Kunstbegriff tatsächlich mit den Grundlagen des Epischen Theaters vereinbaren? Und erwächst seine artistische Programmatik in den 70er Jahren nicht gerade aus der von Brecht bekämpften Rauschästhetik? Frank Raddatz verfolgt Heiner Müllers Versuch, sich in Zeiten, als die Prämissen der beiden Dramatiker konträr gegeneinander verliefen, Brechts Königsmantel überzustreifen. Ein Versuch, der genau in jenem Moment scheitern musste, als der Müllers écriture zu Grunde liegende Schreibdrang nachließ und er zu dem von ihm bis dahin als austauschbar bekämpften dramatischen Modell seines Vorgängers heimgekehrt ist.
Autorenportrait
Frank Raddatz ist Mitglied der Redaktionsleitung der Zeitschrift Theater der Zeit, Publizist und Dramaturg an zahlreichen Schauspielhäusern. Er lebt und arbeitet in Berlin.