Beschreibung
Sie hat es getan: Die schlechteste Hausfrau der Welt hat ihren Mann verlassen und ist mit ihren beiden Kindern in eine eigene Wohnung gezogen - oder wie sie sagt: Sie wurde weggentrifiziert nach Lichtenrade. Obwohl sie wusste, auch als Alleinerziehende ist die Welt alles andere als in Ordnung. Das beginnt schon damit, dass es für ganz normale Mütter mit ganz normal wenig Geld verdammt schwer ist, ihren Mann zu verlassen. Und das ist kein Zufall, denn Frauen, Mütter, sollen nicht frei sein. Und wenn sie sich doch ihre Freiheit erkämpfen, sollen sie einen hohen Preis dafür bezahlen. Jacinta Nandi schreibt über Slutshaming und Mitleid, Rechtfertigungsdruck und Doppelstandards gegenüber Alleinerziehenden. Sie fragt, warum verheiratete Frauen so unsolidarisch tolle Kuchen backen und ob Single Moms by Choice die besseren Alleinerziehenden sind. Während Männer irgendwie immer gut genug sind, müssen Frauen nicht nur perfekte Partnerinnen und perfekte Mütter sein, sondern auch perfekte Opfer - wie der Fall Amber Heard deutlich gezeigt hat. Was muss sich verändern, damit keine Frau mehr gezwungen ist, in einer Beziehung zu bleiben, die sie nicht will? 'Leave your Ehemann' - das muss viel einfacher werden! 'Wie kann eine Autorin so viel Gegenwärtigkeit in ihren Büchern haben und dabei so trügerisch einfach schreiben? Lachen und Weinen und vor Lachen weinen sind eins bei Jacinta Nandi.' Mithu Sanyal
Autorenportrait
Jacinta Nandi wurde 1980 in London geboren und lebt seit 2000 in Berlin. Fur die taz schrieb sie die Kolumne 'Die gute Ausländerin', außerdem publiziert sie regelmäßig im Missy Magazine und der Jungle World. Sie war Mitglied der Lesebuhnen Rakete 2000 und Die Surfpoeten. Zuletzt erschienen von ihr die Bucher 'Die schlechteste Hausfrau der Welt' (2020) und 'WTF Berlin - Expatsplaining the German Capital' (Satyr 2022).
Leseprobe
'Ihr Fall ist sehr speziell', sagten alle, weil ich freiberuflich war, weil mein Ex viel Geld verdiente, weil ich nicht nichts verdiente, aber nicht genug, um eine Wohnung fur drei Personen zu bezahlen. Am Telefon oder im Beratungsgespräch habe ich mir immer gesagt: Mein Fall ist sehr speziell, mein Fall ist sehr ungewöhnlich, mein Fall ist ganz besonders. Niemals zuvor hat in Deutschland eine Freiberuflerin einen Mann mit Geld verlassen wollen. Niemals zuvor hatte in Deutschland eine Frau wenig, aber nicht kein Geld. Niemals zuvor gab es einen Fall wie meinen, ich bin so besonders, ich bin ganz ungewöhnlich. Auf den Weg nach Hause von den Beratungsgesprächen redete ich mit den Eltern, und wenn ich sage Eltern, meine ich eigentlich Mamas - auf dem Spielplatz. Und wisst ihr was? Fast alle Mamas auf dem Spielplatz verdienen weniger als ihre Partner, oder sind in Teilzeit, oder arbeiten sogar freiberuflich. So ungewöhnlich bin ich gar nicht! Aber eins ist klar: Mein Fall ist nicht vorgesehen in diesem großzugigen deutschen Sozialstaat. Es ist einfach nicht vorgesehen, dass Frauen ihre Männer verlassen. Nicht, wenn sie gewalttätige Männer verlassen wollen, aber auch nicht, wenn sie einfach faule Arschlöcher verlassen wollen, die nie den Abwasch machen wollen.