Beschreibung
Alle großen Komponisten seit der Renaissance haben die feststehenden Teile der Messliturgie, Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei, vertont. Auch das Requiem, die Hymnen und Sequenzen (darunter Te Deum und Stabat Mater) oder die Karwochenliturgie sind Gegenstand vieler herausragender Kompositionen. Michael Wersin, Musikwissenschaftler, Sänger und Chorleiter, führt in diesem einzigartigen Band mit etwa 400 Werkbesprechungen von über 150 Komponisten in den Kosmos der lateinischen Kirchenmusik ein, der heute im Konzert und auf Tonträgern so präsent wie niemals zuvor ist. Im Anhang: CD-Empfehlungen zu allen besprochenen Werken.
Leseprobe
Missa pro defunctis (Requiem) - Totenmesse (.) WOLFGANG AMADEUS MOZARTS (1756-1791) Requiem war als sein letztes, unvollendetes und unter zunächst mysteriös erscheinenden Umständen in Auftrag gegebenes Werk Gegenstand und Anlass teils haltloser Legendenbildung. Dass der Auftraggeber des Stücks kein geheimnisvoller Todesbote, sondern vielmehr der Mittelsmann eines Adligen war, der sich mit fremden Federn zu schmücken gedachte, wurde indes schon kurz nach Mozarts Tod offenbar. Spekulationen über eine angebliche Ermordung Mozarts z. B. im Auftrag einer Geheimgesellschaft verlieren vor dem Hintergrund von Untersuchungen der Krankengeschichte Mozarts schnell ihr Gewicht: Schon von Kindheit an war Mozart immer wieder von teilweise gravierenden Leiden geplagt, aus denen sich sein frühes Ende unschwer herleiten lässt. Dies alles ändert jedoch nichts daran, dass Mozarts subjektive Befindlichkeit während der letzten Wochen seines Lebens ohne Zweifel vom Gedanken an sein bevorstehendes Ableben und in zunehmendem Maße von massiven körperlichen Beschwerden geprägt war; letztendlich reichte die verbliebene Lebenszeit nicht aus, um das Stück zu Ende zu führen: Lediglich der 'Introitus' wurde von ihm vollständig niedergeschrieben, 'Kyrie', 'Sequenz' (abgesehen vom nach acht Takten abbrechenden 'Lacrymosa') und 'Offertorium' hinterblieben in weitgehend vollständiger Chorpartitur mit sehr fragmentarischer, wo vorhanden aber markanter und exemplarischer Instrumentierung, 'Sanctus', 'Agnus Dei' und 'Lux aeterna' waren in der autographen Partitur noch gar nicht begonnen. Die Vervollständigung des Werks leistete nach Mozarts Tod im Auftrag seiner Witwe schließlich dessen Schüler Franz Xaver Süßmayr, der allerdings nicht die erste Wahl für diese kaum befriedigend zu lösende Aufgabe war: U. a. Joseph Eybler hatte die Partitur schon vor Süßmayr in Händen, und u. a. seine direkt ins Autograph eingetragenen Anfänge einer Instrumentierung des 'Dies irae' kennzeichnen ihn als den wesentlich Geschickteren und Versierteren. Allerdings war Süßmayr bei seiner Arbeit sicher nicht vollkommen auf sich allein gestellt: Er stand während Mozarts Arbeit am 'Requiem' in Kontakt mit diesem, was eine mündliche Übermittlung von Informationen zur Ausarbeitung und Fortsetzung des Stücks wahrscheinlich macht. Außerdem gab es eine Sammlung von durch Mozart selbst angelegten weiterführenden Notizen und Skizzen ("Zettelchen"), die zusammen mit dem Autograph an Süßmayr gegangen sein sollen. Da die mündlichen Hinweise nicht dokumentiert und die schriftlichen (bis auf wenige Ausnahmen) nicht erhalten sind, lässt sich nicht ermitteln, wie hoch Süßmayrs Eigenanteil tatsächlich ist; lediglich der kritische Blick auf die mangelnde musikalisch-strukturelle Qualität von 'Sanctus' und 'Agnus Dei' sowie verschiedentlich angestellte Überlegungen zur adäquateren Vervollständigung des von Mozart vorgegebenen Materials lassen erahnen, was der Nachwelt durch Mozarts Tod verloren gegangen ist. Höchste Faszination erweckt hingegen die Betrachtung des von Mozart vollständig zu Ende geführten 'Introitus': Rückgriff auf präexistentes Material bzw. tradierte Strukturen einerseits und der kreative, eigenständige Umgang mit diesen selbst gewählten Vorgaben andererseits führen zu einem durch und durch originellen, einzigartigen Ergebnis. Schon seit 1826 ist aufgrund entsprechender Hinweise von Abbe Stadler bekannt, dass Mozart sich bei der Anlage des 'Introitus' eines 'Funeral Anthems' von Georg Friedrich Händel bediente; hier fand er u. a. das mit den Worten 'Requiem aeternam' verbundene Thema und die harmonische Einbettung desselben vor. Weit über dieses Vorbild hinaus reicht jedoch die Gesamtanlage des Satzes: Bereits im instrumentalen Vorspiel wird das klangfarblich höchst charakteristische Quartett aus zwei Bassetthörnern und zwei Fagotten, dem die polyphone Verarbeitung des genannten Themas schon vor Einsatz des Chores obliegt, mit einer komplementären Achtelbegleitung der Streicher kom
Inhalt
Ordinarium Missae - Messordinarium Missa pro defunctis (Requiem) - Totenmesse Lamentationes et Responsoria hebdomadae sanctae - Lamentationen und Responsorien der Karwoche Stabat Mater Te Deum Ad Vesperas - Musik für die Vesper Proprium Missae - Messproprium Texte und Übersetzungen CD-Empfehlungen Fachworterklärungen Register