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Wolken.Heim.

Reclams Universal-Bibliothek 18074

Erschienen am 05.08.2000
3,00 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783150180747
Sprache: Deutsch
Umfang: 64 S.
Format (T/L/B): 0.4 x 14.4 x 9.7 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Spätestens seit dem Büchnerpreis 1998 hat Elfriede Jelinek Klassikerstatus. Ihre Texte zeichnet eine seltene Wortgewalt und zugleich eine unerhörte Sensibilität für jede Form durch Sprache wirkender Gewalt aus, die sie aufspürt in allen Winkeln unserer medial vermittelten Kultur. So auch in diesem Prosamonolog aus dem Jahr 1990. In einer Montage von Zitaten Hölderlins, Fichtes, Hegels, Kleists, Heideggers und von Briefen und Pamphleten der RAF präpariert sie die Gewaltstruktur von (klassisch gewordenen) Diskursen über deutsche Identität heraus.

Autorenportrait

Elfriede Jelinek, * 20. 10. 1946 Mürzzuschlag (Steiermark). J. wuchs in Wien auf, besuchte eine Klosterschule und studierte Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität und Orgel und Klavier am Konservatorium (Organistenprüfung 1971). Sie lebt als freie Schriftstellerin in Wien und München. 1998 wurde sie mit dem Georg-Büchner-Preis, 2004 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. J. begann in den 60er-Jahren mit experimentellen Texten, formal der Wiener Gruppe verp?ichtet. Ihr aus trivialen Versatzstücken montierter Roman wir sind lockvögel baby! gilt als der erste deutschsprachige Poproman. Mit zunehmend gesellschaftsbezogenen Romanen, Hörspielen und Theaterstücken artikulierten sich die emanzipatorischen Tendenzen ihres Schreibens immer stärker. Zentrale Themen sind die Situation der Frau als Objekt in der von den Männern dominierten Klassengesellschaft, die Sexualität als brutaler Kampf der Geschlechter, in dem die Frau, zu Passivität und Masochismus erzogen, immer den Kürzeren zieht. Dabei arbeitet J. mit einer Sprache, die das Innerste an die Ober?äche bringt, die Material aus den verschiedensten Bereichen von der Werbewelt bis zu Texten von Schubertliedern aufnimmt und satirisch entlarvend mit Stereotypen spielt. Indem sie die Sprache beim Wort nimmt, legt sie - witzig, ironisch, bösartig - gesellschaftliche Denk- und Verhaltensmuster offen. Beispiele sind u. a. die Romane Die Liebhaberinnen, Die Klavierspielerin und - besonders provozierend - Lust (und daran anschließend Gier) oder die Stücke Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte (UA 1979), Clara S. (UA 1982) und Krankheit oder Moderne Frauen (UA 1987). Vehemente Medienkritik - es geht insbesondere um die Wiener Kronenzeitung und ihre verlogene, rassistische, bornierte Suada - übte J. mit ihrem Drama Stecken, Stab und Stangl - Eine Handarbeit (UA 1996), das den vier Roma gewidmet ist, die bei einem Anschlag im Burgenland getötet wurden. Eine Zusammenschau vieler ihrer Themen und Motive - Österreich, Heimat, Sexualität, Mutter-Tochter-Beziehung, Horror, Leben und Tod usw. - bietet ihr großer Roman Die Kinder der Toten, ein zur Totenmesse auf Österreich mutierter steirischer Heimatroman. Während J. in ihren frühen Theaterarbeiten der herkömmlichen Dramaturgie mit festen Rollen, Dialogen, Handlung usw. folgte, beschritt sie mit Texten wie Wolken.Heim oder Ein Sportstück einen neuen Weg. Es sind groß?ächige Texte, in denen es - wie in der Zitatcollage Wolken.Heim - keine Akteure oder Rollen mehr gibt oder die Sprecher - Einzelpersonen, Chor - nur als Vortragende von meist monologischen Wortkompositionen ohne spezi?sche Handlung auftreten, Arbeiten also, die sich den Theaterkonventionen verweigern und damit eine beträchtliche Herausforderung für die Regisseure darstellen. Auch die thematisch verwandten und zusammen gedruckten Dramen In den Alpen und Das Werk verfolgen diese 'Antidramaturgie'. Gegenstand des ersten Stückes ist die Brandkatastrophe in der Gletscherbahn im Tunnel von Kaprun im November 2000, das zweite thematisiert den von zahlreichen Opfern begleiteten Bau des Speicherkraftwerks von Kaprun, der in den 20er-Jahren begonnen, in der Nazizeit u. a. mit Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen fortgesetzt und mit Geldern des Marshallplans 1955, im Jahr des Staatsvertrags, fertiggestellt wurde. Es sind, so J., Stücke über Natur, Technik und Arbeit. Und alle münden sie ins Unrettbare, gebaut auf Größenwahn, Ehrgeiz und Ausschluß von solchen, die 'nicht dazugehören'. Die Auseinandersetzung mit Österreich und seinen Mythen oder Lebenslügen, wie der Tod zentrales Thema bei J., geschieht hier mit viel Ironie und dem Einsatz von Märchen- und Alpenkitsch, so dass die Gefahr des Moralisierens oder pathetischer Untergangsstimmung gar nicht erst aufkommen kann. In: Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren. Von Volker Meid. 2., aktual. und erw. Aufl. Stuttgart: Reclam, 2006. (UB 17664.) - © 2001, 2006 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart.

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