Beschreibung
"Eines der wichtigsten Zitate aus Ariadne von Schirachs Buch über die Pornografisierung der Gesellschaft: Liebe ist das letzte große Versprechen, dass alles hier, unser Leben, unsere Existenz, doch einen Sinn ergeben.'" Vanity Fair "Selten wurde in einem philosophischen Sachbuch so unterhaltsam und lebensnah über Liebe,Leidenschaft und Konsumsucht nachgedacht. Und vor allem so schonungslos direkt." Freundin "Ariadne von Schirach hat einen wundervollen Text über die Sexualisierung des Alltags und der Mode geschrieben, und kaum war der im SPIEGEL veröffentlicht, standen die Buchverlage bei ihr Schlange." Matthias Matussek über Ariadne von Schirachs Spiegel-Artikel "Der Tanz um die Lust"
Autorenportrait
Ariadne von Schirach wurde 1978 in München geboren. Sie studierte Philosophie in München und Berlin. 2005 erschien ihr vieldiskutierter Essay "Der Tanz mit der Lust" im SPIEGEL. Ihr Buch erweitert nun dessen Thesen in einer verführerischen Gesellschaftsanalyse. Ariadne von Schirach lebt als freie Autorin in Berlin.
Leseprobe
»Schlampe«. »Pornostar«. »Sexy«. Vor einigen Jahren tauchten auf einmal diese T-Shirts auf. Ich war amüsiert und stark befremdet. Wo hatten diese Ladies ihr Gehirn gelassen? »Schlampe«? Meist waren sie jung, diese Frauen, aber es gab auch ältere, die strahlten oft etwas Verschwörerisches aus, als dürften endlich auch sie an einer Art geheimen Wissens teilhaben. Mittlerweile sind die T-Shirts ornamentaler geworden, die Slogans weniger aggressiv. Sie heißen jetzt »Süß«, »Still Single« oder »Beach Babe« und sind oft in floralen Kästchen zu finden. Aber es gibt auch immer noch die ganz klare Linie: Gürtel, Strasskäppis und Halsbänder, die tragen einfach die Aufschrift »SEX«. Ich stand einmal in einem Shop und war fast versucht, mir so einen Gürtel zu kaufen, für die schlimmen Tage, um endlich mal ein Statement zu machen. Ich habe es dann doch gelassen. Von Zeit zu Zeit dachte ich darüber nach, selbst T-Shirts bedrucken zu lassen, ich überlegte mir Slogans wie »I like Penetration«, »Sex ja, Liebe nein«, oder, etwas flirtbereiter, »Verführ mich«. Doch die Frauen, die diese Art von Mode tragen, wollen damit meist niemanden auffordern. Es soll nur trendy sein, modisch und ein bisschen frech. Wie »Hexe«. Sie sind Mittäter einer massiven Marketing-Offensive, die an der »Ver-Bunnyisierung« der Welt arbeitet. Seit langem schon lässt sich beobachten, wie die Marke »Playboy« sich in einer bestimmten Art von Geschäften ausbreitet, die meist in Einkaufszentren zu finden sind. Es gibt Bunny-Unterwäsche, Hausschuhe mit neckischem Puschel, Schmuck. Und stolze Girlies, die viel Geld dafür zahlen, das Logo einer Softporno-Zeitschrift zu tragen. Vielleicht ist das ja auch nur eine Reaktion auf die fortschreitende Pornographisierung unserer Gesellschaft. Wenn alles Porno ist, dann muss ich doch zur Schlampe oder zum Toyboy werden, um den Zug nicht zu verpassen. Neulich habe ich ein Video von den Pussycat Dolls gesehen, Don't Cha. Also die Girls, die sind echt scharf. Schlank, rank, tolle Brüste, Beine, Bäuche. Knapp bekleidet tanzen sie sich durch das Video, dessen Aussage in dem Refrain gipfelt: Don't cha wish your girlfriend was hot like me? (»Wünschtest du nicht, deine Freundin wäre so scharf wie ich?«) Ja, und wenn dann Thorstens Blick auf die schwabbelige Angelika neben ihm auf dem Sofa fällt, dann wird er im Stillen nicken und beim nächsten Mal vor dem Computer vielleicht nach einigen scharfen Fotos suchen, von den Miezekatzenpüppchen. Fündig wird er werden, denn die heißen Ladies waren, bevor sie ihre Künstlerinnenkarriere starteten, Stripperinnen im Viper Room, dort, wo man River Phoenix mal tot vor der Tür fand. Vom Stripper zum Star. Dieses Phänomen häuft sich in unserer Zeit, es scheint, als würden sich die kulturelle und die pornographische Sphäre mehr und mehr durchmischen. Hardcore-Pornodarstellerin Gina Wild wird wiedergeboren als Michaela Schaffrath. Der italienische Pornostar Rocco Siffredi dreht mittlerweile ernsthafte Filme. Celebrities wie Pamela Anderson und Paris Hilton vergessen aus Versehen irgendwo ein selbstgedrehtes Pornovideo, das daraufhin millionenfach verbreitet wird. Jenna Jameson wird Bestsellerautorin mit ihrer Biographie »Pornostar«. Cicciolina saß zwei Jahre im italienischen Parlament. Die FDP-Politikerin Dr. Silvana Koch-Mehrin ließ sich, im achten Monat schwanger, nacktbäuchig im Stern ablichten. Sportlerinnen, Moderatorinnen und Künstlerinnen posieren nackt im Playboy oder für irgendwelche Kalender. Zuerst war jedoch das Marketing. Ein Bekannter, studierter Kommunikations-Experte, sagte einmal zu mir: »Also wenn dir gar nichts mehr einfällt, stellst du einfach eine nackte Frau neben das Produkt, das funktioniert immer.« Oder einfacher: »Sex sells.« Irgendwo in Berlin werben zwei riesige kurvige Frauen im Bikini für ein Bürogebäude, mit einem Slogan à la »Jeder Stock ein Treffer«. Die neugegründete Einkaufspassage »Quartier 205« hatte eine besonders widerwärtige Strategie, nur andeutungsweise auf das Leseprobe