Beschreibung
Friedrich Schiller: heute einer unserer großen Klassiker. Doch als 1782 die ''Räuber'' uraufgeführt werden, betritt ein Feuerkopf die Literaturlandschaft, ein aufbrausender Streiter für Freiheit und Leidenschaft. Zum 250. Geburtstag erzählt der Literaturredakteur Volker Hage das rasante Leben Schillers und zeichnet das mitreißende Porträt einer ''feurigen Seele''.
Mitreißend geschriebener Überblick für alle, die sich schnell informieren wollen.
Autorenportrait
Volker Hage, geboren 1949 in Hamburg, kam nach Stationen bei der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung' und der 'Zeit' zum "Spiegel", wo er seit 1992 als Literaturredakteur arbeitet. Er hatte Gastprofessuren in Deutschland und den USA inne. Als Herausgeber und Autor zahlreicher Bücher hat er die deutsche sowie die internationale Literaturentwicklung kritisch beobachtet und kommentiert. Er ist einer der bekanntesten Literaturkritiker im deutschsprachigen Raum.
Leseprobe
Die ersten Zuschauer kamen gegen ein Uhr mittags ins Theater. Dass ein Geniestreich zu erwarten war, hatte sich in Mannheim und Umgebung herumgesprochen. Der 22 Jahre alte Autor aber, der mit einem Freund aus Stuttgart anreiste, war unterwegs bei einem hübschen Serviermädchen hängengeblieben - fast wären die beiden jungen Männer zu spät zur Aufführung gekommen, die um 17 Uhr beginnen und fünf Stunden dauern sollte. Sie hätten am 11.Januar 1782 einen Aufruhr, einen Triumph verpasst, wie er in deutschen Landen nur selten vorgekommen war. Nach der Uraufführung von Schillers Debütdrama 'Die Räuber' brach im Foyer und in den Rängen die Hölle los - oder wie es ein Zeuge schildert: 'Das Theater glich einem Irrenhause, rollende Augen, geballte Fäuste, stampfende Füße, heisere Aufschreie im Zuschauerräume! Fremde Menschen fielen einander schluchzend in die Arme, Frauen wankten, einer Ohnmacht nahe, zur Türe. Es war eine allgemeine Auflösung wie im Chaos, aus dessen Nebeln eine neue Schöpfung bricht.' Es war der triumphale Start eines neuen Literaturstars. Und die Geburt eines Rebellen - dessen ungestümes Aufbegehren gegen die 'schwere Zuchtrute des Despotismus' seine jüngeren Zeitgenossen genauso begeisterte wie das hämmernde Pathos seiner Balladen und Dramenverse. Gleich von Beginn an wurde diesem Friedrich Schiller nachgesagt, er berechtige zu den schönsten Hoffnungen: 'Haben wir je einen teutschen Shakespeare zu erwarten, so ist es dieser.' Ein hellsichtiger Mann, der Kritiker der 'Erfurtischen Gelehrten Zeitung'. Und heute? Ist Schiller nur noch eine Pflichtübung für Deutschlehrer? Ein wirkungsloser Klassiker, dessen Freiheitsdurst keinen von Computerspiel-Massakern ermüdeten Schülerkopf mehr entflammen kann? Ahnt man noch, wie begeistert und bewundernd einst von diesem Mann gesprochen wurde? Schiller, so applaudierte Heinrich Heine, habe für die großen Ideen der Revolution geschrieben: 'Er zerstörte die geistigen Bastillen, er baute an dem Tempel der Freiheit und zwar an jenem ganz großen Tempel, der alle Nationen gleich einer einzigen Brüdergemeinde umschließen soll; er war Kosmopolit.' Und er war noch vieles andere: der 'große genialische Dichter' (so Friedrich Hölderlin über ihn), der 'ideenfruchtbarste Kopf, der überhaupt existiert' (Wilhelm von Humboldt), der Mann 'des Wahren, Guten, Schönen' (Goethe), 'erhaben über das Urteil der Welt' (wie die Ehefrau glaubte), 'die Apotheose der Kunst' (Thomas Mann), der 'Weltbürger, der keinem Fürsten dient' (Schiller über Schiller). Er war Nationaldichter und Heiliger, 'Moral-Trompeter' (Nietzsche) und 'Hofpoet des deutschen Idealismus' (Adorno), er wurde zum 'Kampfgenossen Hitlers', dann wieder zum 'Künder echter Völkerfreundschaft'. Als im Mai 2005 des 200. Todestags gedacht wurde, fiel ein neuer Blick auf Friedrich von Schiller, auf einen von Krankheiten gepeinigten, bis zuletzt emsigen Mann, der keine 46 Jahre alt wurde - Johann Wolfgang von Goethe, der 1749, zehn Jahre vor ihm geboren wurde, überlebte ihn um knapp drei Jahrzehnte. In neuen Biografien wurde er als Privat- und Leidensmann porträtiert, als Liebhaber und Karrierist. Zum Vorschein kam Fritz aus Marbach am Neckar, der aufmüpfige Karlsschüler, der ungewaschene Rabauke, der junge Regimentsmedikus, der frühe Frauenheld und Schürzenjäger, der Schuldenmacher und wilde Zocker beim Kartenspiel, der nach dem Publikumsgeschmack schielende Autor, der schwankende Parteigänger der Französischen Revolution, der zufriedene Ehemann und von seinen Kindern geliebte Vater. Trat man ihm damit zu nah? Wurde der deutsche Dramatiker, Denker und Dichter jetzt auf andere Weise verfehlt? Der seriöse Schiller-Forscher Peter-André Alt hatte schon einige Jahre zuvor - in einer grundlegenden zweibändigen Biografie - vor der 'Trivialität eines nur am Intimen interessierten Voyeurismus' gewarnt. Viel hat es nicht bewirkt. Die 2005 publizierte Schiller-Biografie von Sigrid Damm stand lange auf der Sachbuch-Bestseller