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Das schwarze Haus

eBook - Roman

Erschienen am 17.04.2008, 1. Auflage 2008
Auch erhältlich als:
9,99 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783894803964
Sprache: Deutsch
Umfang: 848 S., 4.15 MB
E-Book
Format: EPUB
DRM: Digitales Wasserzeichen

Beschreibung

Zwei Autoren, die für exzellenten Horror stehen, haben ihre Fähigkeiten zum zweiten Mal vereint; zwanzig Jahre nach «Der Talisman» legen sie erneut einen packenden Roman vor. Um einen unheimlichen Serienmörder zu stellen, muss Ex-Detective Jack Sawyer das schwarze Haus betreten - es ist der Eingang zu einer anderen Welt.

Autorenportrait

Peter Straub stammt aus Milwaukee, Wisconsin. Bevor er sich für einige Jahre in England niederließ, studierte er an der Columbia University und in Dublin. Heute lebt er mit seiner Frau auf einer Farm in Connecticut. Straub gilt neben Stephen King als einer der bedeutendsten amerikanischen Horror-Schriftsteller. Er hat weltweit eine große Leserschaft und Fangemeinde, die seinen Büchern regelmäßig zu Millionenauflagen verhilft. Im Wilhelm Heyne Verlag liegen unter anderem vor: "Der Hauch des Drachen", "Geisterstunde", "Das Mädchen", "Das Haus der stummen Fenster" und zusammen mit Stephen King: "Der Talisman" und "Das schwarze Haus".

Leseprobe

Genau hier und jetzt, wie ein alter Freund zu sagen pflegte, sind wir in der ungewissen Gegenwart, in der Hellsichtigkeit keineswegs vollkommene Sehschärfe garantiert. Hier: etwa sechzig Meter, der Flughöhe eines kreisenden Adlers, über dem äußersten Westen von Wisconsin, wo die Launen des Mississippis eine natürliche Grenze haben entstehen lassen. Jetzt: ein früher Freitagmorgen Mitte Juli, einige Jahre nach Beginn eines neuen Jahrhunderts und eines neuen Jahrtausends, deren verschlungene Pfade so verborgen sind, dass ein Blinder bessere Chancen hat, das Zukünftige zu sehen als jeder gewöhnliche Mensch. Genau hier und jetzt, es ist kurz nach sechs Uhr morgens, und die Sonne steht im Osten tief am wolkenlosen Himmel: eine pralle, selbstbewusst gelblich weiße Kugel, die wie jeden Morgen scheinbar jungfräulich der Zukunft entgegensteigt und in ihrem Gefolge eine stetig wachsende Vergangenheit hinterlässt, die sich zurückweichend verfinstert und uns alle zu Blinden macht.
Unter uns übergießt die Morgensonne die weiten, sanften Wellen des Flusses mit rotgoldenen Glanzlichtern. Sonnenlicht glitzert auf den Gleisen der Burlington Northern Santa Fe Railroad, die zwischen dem Flussufer und den Rückseiten der schäbigen einstöckigen Häuser entlang der als Nailhouse Row bekannten Country Road Oo verlaufen; dies ist der tiefste Punkt der behaglich aussehenden Kleinstadt, die sich unter uns hügelaufwärts und nach Osten erstreckt. In diesem Augenblick scheint das Leben im Coulee Country den Atem anzuhalten. Die unbewegte Luft um uns herum ist so bemerkenswert klar und rein, dass man einen in einer Meile Entfernung aus dem Erdboden gezogenen Rettich riechen könnte.
Wir schweben in Richtung Sonne vom Fluss weg, über die glitzernden Schienen, die Gärten und Dächer der Nailhouse Row, dann über eine Reihe Harley-Davidsons, die schräg auf ihren Seitenständern stehen. Diese schlichten kleinen Häuser wurden zu Beginn des jüngst vergangenen Jahrhunderts für die in der Fabrik der Pederson Nail beschäftigten Eisengießer, Formenbauer und Packer errichtet. Da nicht zu erwarten war, dass einfache Arbeiter sich über die Mängel ihrer subventionierten Behausungen beschweren würden, wurden diese so billig wie nur möglich gebaut. (Die Firma Pederson Nail, die schon in den Fünfzigerjahren mehrfach unter Blutungen gelitten hatte, verblutete schließlich im Jahr 1963 endgültig.) Die wartenden Harleys legen den Schluss nahe, dass die Fabrikarbeiter durch eine Bikergang abgelöst worden sind. Das einheitlich wilde Aussehen der Harley-Besitzer - struppige, vollbärtige, schmerbäuchige Männer, die Ohrringe, schwarze Lederjacken und Zahnlücken zur Schau tragen - scheint diese Annahme zu bestätigen. Wie die meisten Annahmen enthält auch diese eine unbehagliche Halbwahrheit.
Die jetzigen Bewohner der Nailhouse Row, denen misstrauische Einheimische bald nach dem Einzug in die Häuser am Fluss den Spitznamen Thunder Five gegeben haben, lassen sich nicht so leicht einordnen. Sie sind qualifizierte Angestellte der Brauerei Kingsland Brewing Company, die am Südrand der Stadt einen Straßenzug östlich des Mississippis steht. Rechterhand kann man "den größten Sechserpack der Welt" sehen: Lagertanks, die mit gigantischen Etiketten der Biersorte Kingsland Old-Time Lager bemalt sind. Die Männer, die jetzt in der Nailhouse Row leben, haben sich auf dem Campus der University of Illinois in Urbana-Champaign kennen gelernt, wo sie alle bis auf einen im Hauptfach Englisch oder Philosophie studierten. (Die Ausnahme war Assistenzarzt an der chirurgischen Abteilung der Universitätsklinik gewesen.) Ihr Spitzname Thunder Five bereitet ihnen nicht wenig Vergnügen: Irgendwie könnte er einem Comicheft entsprungen sein. Sie selbst bezeichnen sich als "den hegelianischen Abschaum". Diese Gentlemen bilden eine illustre Mannschaft, später werden wir genauer mit ihnen Bekanntschaft machen. Im Augenblick haben wir nur Zeit, die handgemalten Poster zu bemerken, die an mehreren Hausfassaden, zwei Laternenmasten und einigen l widerfahren. Ein ockergelber waagrechter Streifen - drei Meter über dem Gehsteig an der Fassade des Hotels Nelson und einen halben Meter über dem ansteigenden Gelände an den aschgrauen Fassaden der beiden letzten Gebäude gegenüber - bezeichnet die Hochwassermarke der Überschwemmung des Jahres 1965. Damals war der Mississippi über die Ufer getreten und hatte die Bahngleise und die Nailhouse Row überflutet, wobei er bis fast zum oberen Ende der Chase Street gestiegen war.
An der Stelle, wo die Chase Street sich über die Hochwassermarke erhebt, um dann flach weiterzuführen, wird sie breiter und erlebt eine Umwandlung zur Hauptstraße von French Landing, so der Name der Kleinstadt unter uns. Das Agincourt Theater, das Lokal Taproom Bar & Grille, die First Farmer State Bank, das Samuel Stutz Photography Studio (das mit Porträts zur Schulentlassung, Hochzeitsfotos und Kinderporträts ein stetiges Geschäft macht) und Läden, die nicht wie die geisterhaften Relikte in der Chase Street wirken, säumen hier die unebenen Gehsteige: Benton's Rexall Drugstore, das Eisenwarengeschäft Reliable Hardware, Saturday Night Video, Regal Clothing, Schmitts Allsorts Emporium, aber auch Geschäfte, die Unterhaltungselektronik, Zeitschriften und Grußkarten, Spielwaren und Sportkleidung mit den Logos der Brewers, der Twins, der Packers, der Vikings und der University of Wisconsin verkaufen. Einige Häuserzeilen weiter wird die Straße zur Lyall Road. Hier rücken die Gebäude auseinander und schrumpfen zu eingeschossigen Holzbauten, vor denen Firmenschilder Reisebüros und Versicherungsagenturen anpreisen; danach geht die Straße in einen Highway über, der an einem 7-Eleven, der Reinhold T. Grauerhammer Hall der Veteranenvereinigung und einem hier als Goltz's bekannten großen Landmaschinenhändler vorbei nach Osten in eine Landschaft aus ebenen, durch nichts unterbrochenen Feldern gleitet.
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