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Kindheitshefte

Lilienfeldiana 8

Erschienen am 04.10.2010
19,90 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783940357199
Sprache: Deutsch
Umfang: 240 S.
Format (T/L/B): 1.8 x 18.6 x 11.3 cm
Einband: Halbleinen

Beschreibung

Das Mädchen, dessen Leben Norah Lange vom 6. bis zum 15. Lebensjahr und zwischen herrschaftlichem Landleben und Verarmung in Buenos Aires in 82 stimmungsvollen Schlaglichtern nachzeichnet, dürfte eine der erstaunlichsten Heldinnen der Literatur Argentiniens sein. Mit der offenen Schilderung der Ängste, Zustände und Wünsche des heranwachsenden Mädchens und seiner besonderen, manchmal unheimlichen, manchmal exzentrischen Erfahrungen konstruierte Norah Lange die Kindheit einer Avantgardeautorin: experimentierfreudig, genau beobachtend, vielschichtig und märchenhaft. In ihren Nachworten spüren die Übersetzerin und Lange-Spezialistin Inka Marter und die argentinische Autorin und Aspekte-Preisträgerin María Cecilia Barbetta der Bedeutung dieses Klassikers und seiner bemerkenswerten Autorin nach.

Autorenportrait

Norah Lange wurde 1905 als Tochter eines nach Argentinien eingewanderten norwegischen Ingenieurs geboren. Mit Jorge Luis Borges gab sie schon früh Avantgardezeitschriften heraus, ihr Gedichtband "La calle de la tarde" (1925) wurde von ihm mit einem Prolog versehen. In der Folge veröffentlichte Norah Lange zwei weitere Gedichtbände und mehrere Prosawerke. Ihr Mann, der argentinische Dichter Oliverio Girondo, und sie wurden zu einem schillernden Paar der argentinischen Literaturszene. Norah Lange galt als "Muse des Ultraismo" - berühmt waren ihre phantastischen Reden auf Dichterbanketten, die 1942 auch gesammelt herausgegeben wurden ("Estimados congéneres"). "Kindheitshefte" ("Cuadernos de infancia", 1937) gehört zu ihren Meisterwerken. Es wurde preisgekrönt (u. a. Tercer Premio Nacional, 1939), erlebte bis 1994 neun Auflagen und erschien 2005 im ersten Band der Norah-Lange-Werkausgabe. Die Dichterin starb 1972.

Leseprobe

Mit vierzehn Jahren war es eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, gewaltig zu schreien und, wenn ich nicht mehr konnte, zu lachen, erst leise und dann immer lauter zu lachen, bis das Gelächter im ganzen Block erschallte. Susana und Eduardo saßen ganze Nachmittage mit mir vor den Türen der Nachbarhäuser, und wir lachten, bis die Bewohner uns baten zu gehen. Andere Male setzte ich mir einen breitkrempigen Männerhut auf und kletterte in einen Poncho gehüllt auf das Küchendach, von wo aus ich ins Innere der umliegenden Häuser blicken konnte; und nachdem ich ein paar Steine auf das Blechdach geworfen hatte, um die Aufmerksamkeit der Nachbarn zu gewinnen, begann ich meine Rede. Gleich nachdem ich zwei oder drei Wörter in unterschiedlichen Sprachen gebrüllt hatte, rief ich alle Nachbarn mit dröhnender Stimme bei ihren Namen, und wenn einige besorgte Köpfe über den Gartenmauern erschienen, erlangten meine Stimme und meine Gestik solch einen Nachdruck, daß meine Schreie schließlich von den Türen widerhallten, von den Fensterscheiben und den Zinkdächern. (.) In den Poncho gehüllt, mit rotem Gesicht, den Hut über die Augen gezogen, führte ich meine Aufgabe, die in der Regel über eine Stunde dauerte, unbeirrbar fort, bis ich schließlich dann ohne Stimme sehr ernst hinunterkletterte und mich in meinem Zimmer einschloß.

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