Beschreibung
Hat das Theater eine gesellschaftliche Funktion? Dirk Baecker, einer der maßgeblichen Soziologen der Gegenwart, bejaht diese Frage. Er sieht diese Funktion in der Reflexion auf Verhältnisse der Beobachtung zweiter Ordnung, der Beobachtung von Beobachtern, die das Theater auf ganz einmalige Weise leistet. Damit stellt er dem Theater seine Kunst nicht in Abrede. Ganz im Gegenteil: Denn dafür, Beobachter beobachtbar zu machen, muss sich das Theater an eine Wahrnehmung wenden, die normalerweise anderes zu tun hat. Ein Abenteuer, so Baecker, ist das gegenwärtige Theater aus zwei Gründen: Erstens werden auch die Körper, das Licht, die Stimmungen, die Bühnenbilder und die Medien als Beobachter wiederentdeckt, die im klassisch modernen Theater fast ganz von den Menschen verdrängt worden sind. Und zweitens stellt das Theater heute nicht mehr nur seine Institutionen, sondern seine Formate zur Diskussion. Darsteller, Regisseur und Publikum sind nahe daran, ihre Rollen zu tauschen. Diese beiden Linien des gegenwärtigen Theaters geht Dirk Baecker anhand der Arbeiten von Claudia Bosse, Frank Castorf, Hannah Hurtzig, Wolfgang Krause Zwieback, Ivan Stanev, VA Wölfl und vielen anderen nach und versucht eine Antwort auf die Frage zu finden, was man über eine Gesellschaft sagen kann, in der das Abenteuer Theater immer noch eine Funktion hat.
Autorenportrait
Dirk Baecker, geboren 1955 in Karlsruhe. Nach dem Studium der Soziologie und Nationalökonomie in Köln und Paris promovierte und habilitierte er bei Niklas Luhmann an der Universität Bielefeld. Forschungsaufenthalte an der Stanford University in Palo Alto (Kalifornien), der Johns Hopkins University in Baltimore und der "London School of Economics and Political Sciences". 1996 wurde Dirk Baecker an die Universität Witten/Herdecke berufen, seit 2007 ist er Professor für Kulturtheorie und -analyse an der Zeppelin University in Friedrichshafen. Das Magazin "Cicero" wählte ihn 2008 zu einem der 50 wichtigsten Gesellschaftswissenschaftler Deutschlands.