Beschreibung
Mit Verve und einem leisen, unaufdringlichen Humor erzählt Daniela Böhles neues Buch vom Leben nach dem Auszug der eigenen Kinder und uber vergessene und wiedergefundene Träume. 'Überlebenstraining' ist ein klischeefreier, ehrlicher Unterhaltungsroman, der alle seichten Fahrwasser des Genres geschickt umschifft. Als ihre beiden erwachsenen Kinder ausgezogen sind, tut sich vor Ellen eine große Leere auf: Ihr Mann und sie haben sich nicht mehr viel zu sagen, das Verhältnis zur Tochter und zu ihren Eltern ist angespannt, ihr Job in der Arbeitsagentur, den sie vor Jahren gegen eine Existenz als Hutmacherin eingetauscht hat, ist nur noch eins: sicher. Als sie sich fur einen Survivalkurs anmeldet, ist zumindest fur ihre Freundinnen klar: Ellen steckt tief in der Midlife-Crisis. Doch dann erhält sie die Chance, fur drei Monate eine Wohnung am anderen Ende der Stadt einzuhuten, doch statt Ruhe kehrt Chaos in Ellens Leben ein: Sie nimmt notgedrungen einen hilflos eingegipsten Burokollegen bei sich auf, ihr Mann und ihre Tochter halten diesen fur ihren Liebhaber und wenden sich ab, und selbst bei ihren betagten Eltern entwickelt sich eine handfeste Ehekrise. Hat die etwas mit dem Schuhkarton zu tun, den ihre Mutter seit Ellens Kindertagen im Schrank versteckt hält.?
Autorenportrait
Daniela Böhle (Jahrgang 1970) stammt aus Köln und lebt seit 1999 mit zwei Kindern in Berlin. Nach einem Kunstgeschichtsstudium und einem medizinischen Staatsexamen arbeitet sie heute beim Deutschen Zentrum fu¨r Luft- und Raumfahrt. Daniela Böhle schreibt Romane, Kurzgeschichten und Hörspiele. Ihre erste Geschichtensammlung »Amokanrufbeantworter« sowie ihr Jugendbuch »Mein bisher bestes Jahr - wer vorher nachdenkt, verpasst 'ne Menge« erschienen bei Satyr, ihr Roman »Schmetterlinge aus Marzipan« folgte 2019 bei dtv.1
Leseprobe
Während ich Jennifer neben mir ruhig atmen hörte, versuchte ich, mich statt auf meine verkorkste Familie auf den Wald zu konzentrieren. Er roch so gesund, als musste ich nur lang genug atmen, und alles Schlechte wurde aus meinem Körper verdrängt. Ich meinte, das Grun der Bäume riechen zu können und dazwischen die kleinen Tiere zu sehen, die sich in ihrer Rinde verborgen hielten. Ich versuchte, verschiedene Geruche zu unterscheiden und zu orten, und dabei schlief ich schließlich ein. Irgendwann mitten in der Nacht wachte ich auf und war vollkommen desorientiert. Eine Welle der Panik ergriff mich, und erst mit großer Verzögerung erinnerte ich mich, dass ich im Wald lag, neben mir Jennifer, die, wie ich, an einem Survivalwochenende teilnahm. Ich tastete nach meiner Taschenlampe und schaltete sie so ein, dass ich Jennifer nicht störte. Mein Herz schlug hart gegen meinen Brustkorb, und auch das Taschenlampenlicht machte es kaum besser. Ich wollte hier nicht sein. Der Wald machte unheimliche Geräusche, und ich versuchte, mich daran zu erinnern, was Ralf gesagt hatte. Die Angst fortschicken. Neugierig auf den Nachtwald sein. Auch der nächtliche Wald passt auf uns auf. Atmen. Einfach atmen. Den Atem kommen und gehen lassen. Langsam klang meine Panik ab. Ich war immer noch weit davon entfernt, mich behaglich zu fuhlen, aber mein Herz schlug wieder in einem zumutbaren Rhythmus. Was mache ich hier, dachte ich, wem versuche ich etwas zu beweisen?