Beschreibung
Allem Dasein ist immer auch ein Element des Zufälligen eigen. Als Schnittpunkt von Raum und Zeit, von Gesellschaftlichem und Persönlichem realisiert sich im Konkreten immer nur eine Möglichkeit - die könnte aber eben auch anders sein. Pogacars Gedichte tauchen mit Aberwitz, alternativen Logiken und unerwarteten Bildabzweigungen ein in dieses unendliche Netz möglicher neuer Verknüpfungen. Gerichtet sind diese Gedichte an die einfachen, 'einfach' genannten Leute, den Gärtner, die müden Trotzkisten oder die Schneiderinnen in den Fabriken und zu Hause. Doch wird weder zur Arbeit im Dienste des Volkes noch zum politischen Durchhalten ermuntert - im Gegenteil: Pogacars An die verlorenen Hälften gibt den Irritationen einer unübersichtlich gewordenen Welt Raum. Die Texte pendeln gezielt zwischen der Aufforderung, mit überkommenen Werten und Vorstellungen zu brechen, und dem Zweifel, wieweit Veränderung überhaupt möglich ist. Die Leere aus Unüberschaubarkeit und Immergleichem führt in einen Strudel der Melancholie; von deren Grund jedoch stoßen die Gedichte sich ab in eine Feier des zufällig Anwesenden, den schillernden Reichtum des Möglichen.
Autorenportrait
Marko Pogacar, geb. 1984 in Split, studierte vergleichende Literaturwissenschaft und Geschichte in Zagreb. Er ist Chefredakteur der Zeitschrift für Literaturpraxis Ka/Os. Seit 2005 erschienen auf Kroatisch die drei Gedichtbände "Wirbelstürme über Santa Cruz", "Sendschreiben an gewöhnliche Menschen" und "Gegenstände".
Leseprobe
DIE PERMANENTE REVOLUTION DER SPRACHE DER LIEBESPOESIE AN DIE MÜDEN TROTZKISTEN Wie im Jahr 2007 Liebespoesie schreiben? diese Zeit ist zäh vor Liebe. von allen werden wir in Maßen geliebt. die Theorie spricht vom vollständigen Ausbleiben der Bewegung. der Markt sagt: wenn du über die Liebe sprichst, dann sprichst du über Gott oder umgekehrt. Pogacar denkt: alles ist Gott = Gott ist nichts. ein Bomber voller gefährlicher Bedeutungen. aber irgendwo in einer Ecke dieser Liebe wächst, wenn du sie an die Wand drückst, etwas Bedingungsloses. ein Reservat des Nehmens und Gebens. und mitten darin ein Baobab, durch dessen Baumkrone du zum Himmel steigst. am Ende weißt du: schlimmer als der Faschismus ist allein der Faschismus in Maßen.